...weitere Leseprobe zum Thema Karrieresucht
 

Kaum hatte Horst-Dieter Hollmann nach seinem Fortbildungsurlaub sein Büro betreten, wurde er von Telefonaten und Besuchern überfallen. Sein Stellvertreter während seiner Urlaubszeit hatte nur sehr oberflächlich seine vorübergehende Funktion wahrgenommen, so daß die meisten mit ihren Problemen warten mußten, bis Hollmann wieder zurück war. Kurz vor Mittag legte er eine Verschnaufpause ein. Er ließ sein Telefon klingeln und begab sich zur Cafeteria. Auf dem Weg dorthin begegnete er Hilde Trapp.
»Hallo, Horst-Dieter. Na, wie war dein erster Tag?«
»Oh, je. Ich weiß bald nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Die kommen ja alle auf einmal mit ihren Problemen.«
»Der Neue wird dich ja etwas entlasten.«
»Welcher Neue?«
»Ach, du weißt es noch nicht?«
»Nein, was denn?«
»In der Kalkulationsabteilung haben sie einen Programmierer eingestellt. Thomé heißt er. Er ist ganz nett. Wenn du willst, stell ich ihn dir vor. Ihr werdet ja ohnehin zusammen arbeiten. Gehst du mit in die Cafeteria?«
»Ja. Nein, ich muß noch mal in die Stadt.«
Hollmann wollte erst einmal allein sein. Die Nachricht war ein Schock für ihn. Ohne die Neueinstellung vorher mit ihm zu besprechen, wurde seine Abwesenheit benutzt, um einen Konkurrenten in die Firma zu holen. Üblicherweise sollte bei allen Angelegenheiten bezüglich der EDV, der Systemadministrator zu Rate gezogen werden. Diesen Streich hatte ihm wahrscheinlich Auler gespielt. Hollmann hatte ihm nie ganz getraut. Er, der umgängliche und beliebte Abteilungsleiter, hatte es in Wirklichkeit faustdick hinter den Ohren.
Bis jetzt war Hollmann auf seinem Gebiet konkurrenzlos in der Firma. Da die Mitarbeiter von SES Interstahl von ihm abhängig waren, konnte er sich einiges herausnehmen. Auf gar keinen Fall wollte er seine Position gefährden. Hollmann würde kämpfen. Doch er durfte nicht plump vorgehen. Er mußte den neuen Kollegen erst kennen lernen, mit all seinen Stärken und besonders seinen Schwächen. Dieser sollte keinen Verdacht schöpfen. Mit allen Raffinessen gedachte Hollmann den Neuen auszutricksen, ohne daß es auffallen würde. Hollmann hatte genug während seiner Seminare im Fortbildungsinstitut von Kretzing gelernt.

 

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