Intrigen
 
Als nach einigen Wochen der frühere Leiter der Finanzabteilung Ladwein, scheinbar geheilt, von seiner Kur zurückkam, wurde ihm ein untergeordneter Posten zugewiesen. Ladwein fühlte sich gedemütigt. Diese unverschämte und menschenverachtende Verfahrensweise wollte er sich nicht bieten lassen. Schließlich gehörte er fast fünfzehn Jahre der Firma an. Ladwein war von der Unrechtmäßigkeit seiner Versetzung überzeugt. Der ehemalige Finanzchef drohte gerichtliche Schritte einzuleiten, falls es ihm versagt blieb, seine frühere Tätigkeit wieder auszuüben.
Prof. Strohmeier bot Ladwein eine Übergangszeit an, um festzustellen, ob er endgültig von seiner Sucht befreit war. Würde die Probezeit positiv verlaufen, sollte er wieder als Abteilungsleiter eingesetzt werden. Ladwein willigte widerstrebend ein.
Mit diesem Schachzug hatte er Ladwein vorübergehend beruhigen können. Der Geschäftsführer glaubte nicht an die Genesung Ladweins. Nur einem Vertrauensmann konnte er den sensiblen Bereich der Finanzabteilung überlassen.
Strohmeier löste das Problem auf die Art, die so typisch für ihn war. Er benutzte eine andere Person, die in dieser unangenehmen Situation für ihn tätig wurde. Hollmann, der ihm wegen seiner Beförderung zu Dank verpflichtet war, schien ihm der geeignete Mann. Deutlich genug hatte dieser dem Geschäftsführer in vertraulichen Gesprächen seine Antipathie gegen Ladwein gezeigt. Strohmeier deutete seinem Systemadministrator an, daß nur ein Zwischenfall genügte, um Ladwein entlassen zu können. Hollmann hatte verstanden.
Ladwein machte jetzt die Arbeit eines Buchhalters. Ihm wurde ein Schreibtisch in einem Großraumbüro zugewiesen. Nun war er nur einer unter vielen. Der Kontakt mit seinen früheren Mitarbeitern erwies sich als schwierig. Sie verhielten sich reserviert. Ladwein hatte das Gefühl, irgendwie ausgegrenzt zu sein.
Und es erfolgten noch weitere Einschränkungen. Als er sich in die Gehaltsabrechnungen für leitende Angestellte einloggen wollte, waren sie für ihn nicht mehr zugänglich. Er probierte es immer wieder, weil er glaubte, ihm sei ein Bedienungsfehler unterlaufen. Dann rief er Hollmann an.
»Haben Sie das Programm auf meinem Computer geändert?«
»Nein.«
Ladwein war wütend.
»Kommen Sie bitte runter und sehen Sie sich das an. Hier ist offenbar ein Fehler drin.«
»Das geht jetzt nicht. Ich muß sofort zu einer Besprechung der Geschäftsleitung. Ich kümmere mich später darum.«
Ladwein konnte Hollmann an diesem Tag nicht mehr am Telefon erreichen. Wenn er die Sekretärinnen anrief, teilten sie ihm mit, er wäre gerade weggegangen. Wohin, das wußten sie nicht.
Nach zwei Tagen sah Ladwein den Systemadministrator an einem Nachbarschreibtisch. Er befaßte sich sehr lange mit den Computerproblemen eines Kollegen. Ladwein wurde innerlich immer angespannter. Als Hollmann gehen wollte, rief ihn Ladwein zu sich. Hollmann schien sich zu erinnern.
»Ach ja, Sie hatten ja auch ein Problem.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Aber nur ganz kurz. Ich muß zu einer Besprechung.«
Ladwein stotterte fast vor Erregung. Dieser Schnösel, der hier als Lehrling anfing, spielte sich jetzt auf.
»Ich bekomme nicht mehr die Gehaltsabrechungen der leitenden Angestellten.«
»Der Zugang ist für Sie gesperrt.«
»Was fällt Ihnen ein?«
Ladwein konnte sich kaum noch beherrschen.
»Diese Daten sind nur dem Abteilungsleiter zugänglich. Ich führe lediglich die Anweisungen der Geschäftsleitung aus.«
Ohne weitere Erklärungen entfernte sich Hollmann.
 

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